#Nicht auf unserem Rücken – Coronakrise aus Kindersicht

Die aktuellen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie werden auf dem Rücken vieler (https://www.falken-nuernberg.de/?p=3046) ausgetragen. Auch auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen. In den viel berichteten „Öffnungsdiskussionsorgien“ sind Vertreter und (weniger) Vertreterinnen verschiedenster Bereiche dabei. Die Rechte und Meinungen von Kindern sind dabei nur äußerst selten Thema. Auch die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin warnte, dass „Kinder und Jugendliche in den bisherigen Entscheidungsprozessen nicht als Personen mit ebenbürtigen Rechten gesehen [wurden], sondern als potentielle Virusträger.“ Kinder werden als Virenschleudern und Superspreader bezeichnet (z.B. https://web.de/magazine/news/coronavirus/virenschleuder-superspreader-rolle-kinder-coronavirus- pandemie-34652354) sollen inzwischen manchmal wie Hunde vorm Supermarkt warten (https://www.focus.de/familie/eltern/coronavirus-kurzer-schock-im-supermarkt-ihre-kinder- muessen-beim-einkaufen-bitte-draussen-bleiben_id_11822291.html) und werden in den aktuellen Beschlüssen zu (sicherlich notwendigen!) Einschränkungen nur insofern mitgedacht, wie sie Hindernis für die Arbeitskraft der Eltern sind. Alle sozialen Räume in denen Kindern lernen, sich entwickeln, Bindungen eingehen, sich entspannen und spielerisch mit Erlebtem und dazugehörigen Emotionen umgehen können sind ihnen momentan nicht zugänglich. Bezugspersonen und Strukturen brechen weg, die Kindern sonst vielleicht helfen mit unsicheren und beängstigenden Situationen, wie wir gerade eine haben, fertig zu werden. Auch die für psychische und physische Gesundheit notwendige Bewegung, die viele Kinder sowieso zu wenig haben, fällt durch Schließung von Spielplätzen und die strikten Ausgangsbeschränkungen vielfach weg. Kinder können nicht ohne weiteres alleine Joggen gehen, sich alleine mit einer weiteren Person treffen, haben keine*n (Ehe-)Partner*In zum Treffen. Die Ausnahmen der Beschränkungen sind für Erwachsene formuliert.

Auf all diesen Ebenen verschärfen sich soziale Ungerechtigkeiten. Eltern mit weniger Geld haben natürlich mehr Angst vor Bußgeldern und sind nochmal angespannter in der aktuellen Situation. Die Angst vorm Verlust des Arbeitsplatzes, die häufig beengten Wohnräume und weniger Möglichkeiten für Förderung und Beschäftigung der Kinder kommen dazu und bieten in Familien ganz schön viel Zündstoff für Eskalation. Kindern in solchen Situationen fehlen gleichaltrige und auch erwachsene Bezugspersonen wie Lehrer*Innen, Horterzieher*Innen oder Gruppenhelfer*Innen besonders. Ohne eigenes Zimmer, ohne Computer und ohne Eltern, die unterstützen können lernt es sich zu Hause auch viel schwieriger und Bildungsunterschiede vergrößern sich und werden zementiert.

In der aktuellen Krise geraten Kinder – gemeinsam mit vielen anderen Gruppen – besonders aus dem Blick. Wir haben daher – auch als ein Weg, um mit der aktuellen schwierigen Situation umzugehen – eine Telefonumfrage gestartet und Kinder in unserem Bekanntenkreis gefragt, wie es ihnen eigentlich so geht und was sie von der aktuellen Situation halten. Herausgekommen ist ein Brief:

Lieber Herr Söder,

Sie reden immer davon, dass wir uns Zeit lassen müssen, dass wir die Zeit auch haben und die Beschränkungen verlängern können. Aber wir Kinder werden gar nicht gefragt, wie es uns damit geht. Wir wissen, dass wir vorsichtig sein müssen und überlegen müssen, wie das Corona-Virus sich weniger verbreitet, aber zur Zeit geht es vielen Kindern gar nicht gut. Damit auch die Kinder selbst mal was dazu sagen können, haben wir eine Telefonumfrage unter Freundinnen, Freunden und Bekannten gestartet. Alle Kinder fanden an der Situation gerade gar nichts gut! Vor allem macht es alle traurig, dass sie niemanden außer der Familie sehen können. Keine Freundinnen und Freunde, keine Lehrer*Innen und auch keine Horterzieher*Innen. Den ganzen Tag niemanden außer der Familie zu sehen nervt und es gibt viel Streit. Manche habe noch Glück und können zumindest raus in den Garten, aber manche haben auch nur eine kleine Wohnung ohne Balkon. Eine Freundin wohnt zu fünft in einer 3-Zimmer-Wohnung mit kleinen Zimmern. Sie hat kein eigenes Zimmer, wo sie die Tür zumachen kann, wenn jemand sie nervt. Deswegen haben sie einmal draußen ein Picknick gemacht, aber dann wurden sie von der Polizei nach Hause geschickt, weil das verboten war. Das verstehen wir nicht – sie haben doch Abstand zu anderen gehalten! Jetzt darf man zwar wieder zu zweit raus, aber meine Freundin traut sich nicht mehr wirklich und hat Angst, Ärger zu kriegen und Bußgeld zahlen zu müssen. Wenn ich mit ihr telefoniere redet sie auch noch weniger als sonst schon. Eine andere Freundin darf gar nicht mehr raus, weil sie auf ihre kleine Schwester aufpassen muss, weil ihre Eltern arbeiten müssen. In der Notbetreuung im Hort, wo ich jetzt hingehe, wurden wir bei einem Ausflug auch schon von der Polizei kontrolliert, aber unser Horterzieher hatte einen Zettel, dass wir das dürfen.

Viele vermissen auch ihre Lehrerinnen und Lehrer. Es ist zwar gut, nicht so früh aufstehen zu müssen, wie wenn Schule ist, aber zu Hause ist es viel schwerer, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren. Und ich und auch andere Kinder vermissen den Pausenhof. Für Erwachsene ist es vielleicht gut, nur daheim zu sitzen und zu lesen oder zu stricken, aber wir finden das langweilig und kriegen davon schlechte Laune. Und sich mit einer anderen Person zu zweit zu treffen ist für Kinder auf meistens nicht möglich. Und sich per Skype mit anderen zu unterhalten ist nicht richtig sich sehen.
Viele Erwachsene, z.B. die Horterzieher*Innen, schicken schon Bastelpakete, damit es uns besser geht und ich versuche auch, Fotos und Nachrichten an Freund*Innen zu schicken, die noch weniger raus können als ich. Aber trotzdem geht es allen Kindern, mit denen wir telefoniert haben, nicht gut. Bitte sprechen Sie doch in Zukunft auch mit uns und sehen Sie die Welt nicht immer nur aus der Erwachsenen-Sicht.

VERSCHOBEN: Osterschule 09.-13.04.2020

Ab sofort kann man sich für die Osterschule 2020 anmelden und wir können das Seminar allen jungen Menschen zwischen 14-35 (Ausnahmen möglich) nur empfehlen. Wir wollen uns dort u.a. mit Revolutionär*innen beschäftigen, die uns inspirieren und aus ihren Erfahrungen lernen um eine bessere Gesellschaft Wirklichkeit werden zu lassen. Wir möchten uns mit den Grundlagen des Kapitalismus und dazugehörigen Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus, Sexismus beschäftigen um den Mist handfest wegzufegen. Deswegen wird es nicht nur Theorie sondern auch Action geben und natürlich Spaß, Sauna, Natur, Kneipe, Freund*innen.

Lest dazu mehr in der Ausschreibung:

Veranstaltung zu Gefahren von Rechts für die Kinder- und Jugendarbeit in Franken

Wir laden alle Interessierten herzlich ein am Rosenmontag den 24.2.2020 ab 18:00 Uhr im Nachbarschaftshaus Gostenhof (großer Saal) mit uns über die Gefahren von Rechts für die Kinder- und Jugenarbeit in Franken zu diskutieren. Davor wird es u.a. von einer Mitarbeiterin der mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus einen kleinen Input geben.

Bei Bedarf kann Kinderbetreuung angboten werden, dazu bitte bis spätestens 18.02. eine Mail an buero@falken-nuernberg.de schreiben.

Die Veranstaltenden behalten sich vor gemäß Art.10 BayVersG., von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Winterwüstentage 2020

Die Wüstentage – Hä? Was? Wo?

Die Wüstentage haben nichts mit Wüste(n) zu tun, aber WÜST ist es manchmal schon… Kein Wunder, wenn ca. 30 Jugendliche und junge Erwachsene eine Woche als WG auf Zeit zusammen leben und versuchen, einen solidarischen und gleichberechtigten Alltag zu leben. Wie viel Nudeln essen 32 Leute? Wo ist noch Schokolade und wo bekomme ich neue her? Wie kommen wir ans Holz fürs Lagerfeuer? Und wer leitet das Plenum an? Solche Fragen kommen schon mal vor. Ist aber auch kein Problem. Am Anfang der Wüstentage werden gemeinsam Regeln für das Zusammenleben besprochen und alle tragen sich in Dienste ein, um gemeinsam den Haushalt zu schmeißen. Außerdem gibt es ein Programm mit inhaltlichen und spaßigen Themen, sowie Spiel und Action. Ach ja: Alle Teilnehmenden gehen tagsüber natürlich ihren üblichen Tätigkeiten nach: ob Schule, Arbeit oder Ausbildung – wüst wird es erst, wenn am Nachmittag/ Abend alle wieder zusammen kommen.

Programm/Zeitlicher Ablauf/Angebot

Gleich ist an fast allen Tagen, dass wir irgendwann aufstehen, um rechtzeitig in die Schule, in die Ausbildung oder unseren Job zu kommen. Irgendwann kommen wir alle wieder, machen Hausaufgaben (jippie!), gehen einkaufen, kochen, planen für den Abend oder organisieren irgendwas – alles gemeinsam und solidarisch versteht sich. Auch das Programm wird gemeinsam beschlossen – eine grobe Planung steht aber schon: Wir beschäftigen uns mit der Revolution in Rojava/ Kurdistan. Wie werden dort gesellschaftliche Entscheidungen getroffen? Wie schaffen es die Frauen, sich aus der Unterdrückung zu befreien? Und was ist ihr Ansatz, um ökologisch nachhaltig zu wirtschaften? Dazu wird es Workshops, Vorträge, Film, Diskussionen etc. geben. Außerdem: Kickern, Billard und Tischtennis, Spieleabende, Lagerfeuer und was uns sonst noch so einfällt!

Hier gehts zur Ausschreibung_2 zum selbstausdrucken, dann einfach ins Falkenbüro schicken/bringen. Du kannst dich bei Fragen auch immer per Mail oder Telefon an uns wenden. Natürlich auch deine Eltern. Anmeldeschluss ist der 31.01.2020.

FREUNDSCHAFT UND BIS BALD

Zeltlagerprojekt zu Geschlechterklischees in Kinderbüchern

Die Geschichte des Gender-Buch-Clubs

Am Ende des Falkenzeltlagers 2019 haben sich Projektgruppen zusammen getan um intensiv an einer Sache zu arbeiten. Unsere Fragestellung resultiert u.a. aus der Beobachtung, dass typische Geschlechterklischees auch im  Zusammenleben von Personen, die diese eigentlich kritisch reflektieren – wie wir bei den Falken – auftreten. Sie sind durch die Sozialisation in unserer bestehenden Gesellschaft tief in uns verankert.  Selbst wenn Eltern und Falkengruppe ein Gegenerleben zum täglichen Blau-Rosa-Wahn darstellen, behalten Frauen & Mädchen oft den fürsorglichen Überblick, sorgen für Ordnung & Hygiene, treten weniger öffentlich in Erscheinung und trauen sich in vielen Bereichen weniger zu. Die Sozialisation dazu beginnt früh und gestaltet sich vielfältig. Wir haben uns gefragt inwieweit Kinderbücher dazu beitragen und ob es auch klischeefreie Kinderbücher gibt. Neben Feen-Glitzer-Geschichten und Fußballabenteuer haben wir auch Positivbeispiele gefunden.  Jedoch ist uns aufgefallen, dass diese nicht ohne ein Umdrehen der Klischees auskamen. Also Mädchen mit „männlichen“ und Jungen mit „weiblichen“ Eigenschaften charakterisieren. Solange Menschen sich diesen beiden Geschlechterkategorien mit ihren angeblichen Eigenschaften zuordnen, wird es somit nicht möglich sein ein neutrales Kinderbuch zu schreiben. Um ein Bewusstsein für starre Rollenbilder bei Kindern und Eltern zu schaffen, kann es sogar Sinn ergeben gar nicht das Ziel der Neutralität zu verfolgen , sondern die Geschlechterklischees in ihrer Umkehrung auf die Spitze zu treiben. Gebt uns gerne Tipps welche Bücher ihr in Sachen Rollenbilder schätzt. Freundschaft!

„Herr Hase & Frau Bär – Die lustige Schlittenfahrt“
(von Christa Kempter)

Herr Hase & Frau Bär wohnen zusammen in einem Haus. Unten wohnt der wuselige und ordnungsliebende Herr Hase und oben die gemütliche, verspielte und abenteuerlustige Frau Bär. In diesem Band über die beiden Tiere hat es über Nacht kräftig geschneit. Herrn Hase ist es wichtig Schnee zu schippen und auch draußen Ordnung zu halten, doch Frau Bär überredet Herrn Hase auf dessen kleinen Schlitten schlitten fahren zu gehen.  Beide haben dabei sehr viel Spaß. Die Befürchtung von Herrn Hase, dass der kleine Schlitten zerbrechen könnte bewahrheitet sich allerdings. Frau Bär kann im Gegensatz zum flinken Herrn Hase nicht mehr vom Schlitten springen und kullert gegen einen Baum.  Autsch! Herr Hase kümmert sich liebevoll mit Kakao und Honig um die verletzte Frau Bär. Als Frau Bär eingeschlafen ist kommt ihm eine Überraschungsidee: Ein neuer größerer Schlitten wird bis zum nächsten Tag gezimmert. Das Buch erfüllt so ziemlich keine Geschlechterklischees. Im Gegenteil: Herrn Hase werden viele Eigenschaften zugeschrieben, die sonst als „weiblich“ angesehen werden und Frau Bär verhält sich nicht wie eine klischeehafte Frau, sondern ist abenteuerlustig und auch mal unvernünftig. Eine echt erfrischende Abwechslung in der sonst so klischeehaften Kindergeschichtenwelt. Als vorlesende Person, die man diese ganzen Klischees verinnerlicht hat, fällt es sogar manchmal schwer nicht Herr Bär & Frau Hase zu sagen. Eine Kleinigkeit ist trotzdem verbesserungswürdig. Anstatt zu schreiben, dass Herr Hase zum zimmern des neuen Schlittens Frau Bär`s Brüder holt, hätte man auch einfach schreiben können, dass Frau Bär`s Geschwister helfen. Das Geschlecht tut doch beim Handwerken nichts zur Sache. Ansonsten ist das Buch für Kindergartenkinder super empfehlenswert und bricht mit den sich schon früh verfestigten Geschlechterklischees ganz nebenbei.

 

„Kaiser Franz – Die besten Fußball-Geschichten“
(von Jörg Mühle und Thomas Krüger)

In der Geschichte Kaiser Franz wird Fußbalweltmeister kommt Kaiser Franz´s Land in die Fußball-WM. Im vorherigen Teil erfindet Kaiser Franz das Fußball spielen. Aber Kaiser Franz darf nicht mitspielen, sondern muss auf der Ehrentribüne sitzen. Um doch mitspielen zu können verkleidet er einen Teddy wie sich. Dann schießt er ein Tor und es kommt raus, dass er es ist. Dann gewinnt Kaiser Franz die Weltmeisterschaft . Königin Liesbeth von der gegnerischen Mannschaft merkt nicht, dass ein Teddy neben ihr sitzt.

Klischees die vorkommen sind:

Das Buch reproduziert die Klischees, dass Jungs gerne Fußball spielen und wild, abenteuerlich und trickreich sind. Die einzige Frau, die vorkommt ist dumm und deswegen wird die Frau abgewertet.

Bechdeltest:

Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Nein!

Sprechen sie miteinander? Nein, die Frau spricht gar nicht.

Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Nein!

Also der Bechdeltest wird nicht bestanden. Keine Empfehlung.

 

„Kennst du Pipi Langstrumpf“
(von Astrid Lindgren (Autor), Ingrid Vang Nyman (Illustrator), Margot Franke (Übersetzer))

Die wilde, kluge und chaotische Pipi Langstrumpf ist vermutlich allen Kindern spätestens ab der Grundschule bekannt. „Kennst du Pipi Langstrumpf“ von Astrid Lindgren und Ingrid Nyman ist ein Bilderbuch, also für eine jüngere Zielgruppe. Pipi zieht ganz allein in die Villa Kunterbunt mit ihrem Affen und ihrem Pferd. Allein dadurch wird ein sehr selbstständiges und aktives Bild von Pipi gezeichnet. Sie lernt die Nachbarsgeschwister Thomas und Annika kennen. Die 3 erleben allerhand Abenteuer gemeinsam. Sie spielen gemeinsam, streifen durch den Wald und suchen Sachen (als Sachensucherinnen), gehen in den Zirkus und feiern Geburtstag. Pipi passt nicht in die Klischee-Schublade Mädchen oder Junge. Sie ist einfach so wie sie ist und das bedeutet auch mehr als 5 Scheite zu hacken, oder auch fürsorglich und nett mit allen anderen umzugehen. Auch die Führungsrolle, die Pipi in der Gruppe einnimmt, ist atypisch. Angenehm ist, dass das vermeintlich männliche an Pipi so selbstverständlich ist. Oft werden die Draufgängerinnen (wenn es sie mal gibt) dadurch kontrastiert, dass es einen weiteren weiblichen Charakter gibt, der Geschlechterklischees überzeichnet. Damit die vermeintlich männlichen und für ein Mädhcen scheinbar besondere Eigentschaften ihre Wirkung entfalten können. So wird indirekt wieder alles „weibliche“ abgewertet und ist uncool. Bei „Kennst du Pipi Langstrumpf?“ könnte die Rolle der 2. Weiblichen Person die sanfte, ängstliche Annika übernehmen, die sich genauso wie ihr Bruder sehr klischeehaft verhält. Auf das Buch trifft dieses Schema nicht ganz zu, weil Pipi Eigenschaften aller Seiten in sich trägt und auslebt. Generell ist diese indirekte Abwertung in Kinderbüchern aber ein häufiger falscher Freund. Insgesamt kann Pipi als Orientierungsfigur herhalten und als positives Gegenbeispiel zu klischeehaften Feen und Barbies stehen. Deshalb ist das Buch zu empfehlen – auch als Gegenbeispiel dass Bücherklassiker nicht automatische konservativ sind.

 

„Conni hilft Papa“
(von Liane Schneider, Eva Wenzel-Bürger)

Im Kinderbuch „Conni hilft Papa“ besucht Connis Mama übers Wochenende eine Freundin. Conni bleibt mit papa alleine zu Hause und die beiden bepflanzen den Garten neu. Dafür fahren sie in den Baumarkt, reparieren das Fahrrad und pflanzen schließlich Gemüse und Blumen. Am Ende kommt Mama wieder heim, freut sich und Papa grillt für die Familie.

Wie schon der Titel in Gegenüberstellung zu einem anderen Buch der gleichen Reihe („Conni hilft Mama“) vermuten lässt, finden sich etliche Geschlechterklischees. Conni lernt bei ihrem papa verschiedene handwerkliche Tätigkeiten wie Fahrrad flicken, Umgraben und Gärtnern kennen. Dabei wird gelegentlich kommentiert, dass die Arbeit zu anstrengend für Conni ist und die beschäftigt sich dann lieber mit Tieren im Garten. Insgesamt erscheint der Papa sehr rational und parktisch, während Conni dafür zuständig ist, sich schöne Blumen auszusuchen und den Überblick behält, damit nichts verloren geht. Der Papa hingegen vergisst das Mittagessen. Das gekaufte Bratwurstbrötchen ist aber natürlich eine leckere Abwechslung zur sonstigen mütterlichen Routine. Insgesamt ist die Zeit mit Papa etwas sehr besonderes für Conni, weil dieser viel arbeitet und wenig Zeit zu Hause verbringt. Als die Mama heimkommt ist sie sehr dankbar und der Papa wird hochgelobt. Natürlich steht auch der Papa hinterm Grill.

Es finden sich beim Papa viele klischeehaft „männliche“ Eigenschaften und bei Conni viele klischeehaft „weibliche“. Natürlich vermische sich die Einordnung mit den Erwachsener-Kind-Unterschieden. Aber die Eigenschaften und Verhaltensweisen von Conni lassen sich eigentlich immer zu „weiblichen“ Klischees zuordnen. Es ist zu erwarten, dass ein Junge in der Geschichte anders dargestellt worden wäre.

Conni hilft bei allen handwerklichen Tätigkeiten ein bisschen mit, was die Illusion hervorruft, dass sie sich auch dafür entscheiden könnte, sich „männlichere“ Verhaltensweisen anzueignen. Sie zeigt allerdings schon viele „weibliche“ Verhaltensweisen und es ist zu erwarten, dass eine typisch weibliche Sozialisation bevorsteht. Die Zeit mit Papa ist für Conni etwas sehr besonderes und es ist auch besonders, dass Papa zu hause ein ganzes Wochenende den Alltag schmeißt. Es ist zu bezweifel,en, dass Connis Mamma für die alltägliche Hausarbeit so gedankt wird wie dem Papa am Ende des Buches.

Das Buch bildest wahrscheinlich die Lebensrealität vieler Kinder wider. Leider ist in der beschriebenen Welt aber vorprogrammiert, dass sich Geschlechterklischees reproduzieren. Kinder lernen hier, dass der Papa für Lohnarbeit, Abenteuer und Handwerk zuständig ist und dass die Mama zu Hause bleibt und sich ganz selbstverständlich um alles kümmert.

Freundschaft! 

Veröffentlicht unter Kinder

Einladung zum inhaltliches Aktiventreffen am 25.6.

Einladung an alle Gruppenhelfis und aber auch alle anderen Interessierten. Wir nehmen uns 2h Zeit um zu überlegen warum wir Gruppenstunden und Zeltlagergruppen machen und was das mit Gefühlen, Sozialismus, Ohnmacht und Dilettantismus zu tun hat. Was leisten unsere Gruppe machenden Genoss*innen da super anstrengendes Woche für Woche und warum? Was hat das mit unserem Wunsch nach einem schönen Leben zu tun, was nicht?

Veröffentlicht unter Kinder

Der Prozess gegen Simon wurde eingestellt

Sieben Stunden – mit kürzeren und längeren Pausen – dauerte es am Ende bis gestern klar war: Simon, der Landesvorsitzende der Falken Bayern, wird nicht verurteilt. Schwerer Raub und Körperverletzung wurden ihm zu Beginn des Prozesses in München noch vorgeworfen – mindestens drei Jahre Freiheitsstrafe hätte dies bedeuten können.  Die interessierte Öffentlichkeit erschien so zahlreich, dass nicht nur der Gerichtssaal überfüllt war, einigen Zuschauer*innen wurde sogar der Zutritt verweigert.Der Zuschauerraum war zu klein und Stühle, die ansonsten ungenutzt herumstanden, wurden vom Richter unfreundlich verteidigt. Sie blieben leer.

Der Vorwurf: Simon habe zusammen mit zwei weiteren unbekannten Personen einen Polizisten gegen ein Auto gedrückt und dann gezielt nach dem „Reizstoffsprühgerät“, so heißt Pfefferspray im Amtssprech, gegriffen, um dieses in seinen Besitz zu bringen. Er habe vorgehabt an der weiteren Demonstration bewaffnet teilzunehmen. Bei dieser Demonstration im Oktober 2016 ging es gegen das sogenannte Integrationsgesetz, welches der Bayerische Landtag nach 16 Stunden Debatte im Dezember 2016dann verabschiedete. Oder besser gesagt: gegen das Ausgrenzungsgesetz, wie es sogar der erste geladene Polizist nannte.

Dazu sagte Simon in seiner politischen Einlassung zu Prozessbeginn: „Ein Gesetz, das Menschen spalten soll, indem es Kategorien wie Migrant*innen, Halb- und Viertelmigrant*innen schafft und ihnen unterstellt ‚besonderns integrationsbedürftig‘ zu sein. Wie diese Integration aussehen soll, wird dabei auch nicht verschwiegen. Sie soll durch eine totale Unterwerfung unter eine bayerische bzw. christlich-abendländische Leitkultur geschehen. Das ist keine Integration! Das ist viel mehr der Ausdruck einer durch und durch rassistischen Gesetzgebung!“

Dem Richter wäre es lieber gewesen, Simon hätte sich nicht politisch geäußert. Es sei ja kein politisches Verfahren, so der Richter, sondern eine sachliche Ermittlung nach einer Tat. Doch wie soll man auf diesen Rechtsstaat vertrauen können, wenn er Gesetze wie das Integrationsgesetz zur Grundlage hat? Einem Gesetz, welches, wie Simon betonte, alle Menschen kriminalisieren solle, die sich mit den herrschenden Verhältnissen nicht abfinden wollen würden. Jegliche Kritik am kapitalistischen System, so Simon weiter, könne durch dieses Gesetz mit bis zu 50.000 € Bußgeld belegt werden. 

Auch ist es hochpolitisch, wie es um die Machtverhältnisse bestelllt ist. Nicht Simon war auf der Demo bewaffnet und konnte bei seinem wichtigen Anliegen auf bewaffnete Hilfe zählen, nicht Simon konnte entscheiden, keine Fingerabdrücke vom Pfefferspray zu nehmen, sondern es im Mannschaftsbus wieder zu den anderen Sprays zu legen und nicht Simon konnte sich von seinem eigenen Vorgesetzten und Einsatzverantwortlichen vernehmen lassen. Auch nicht Simon war in Einheitskleidung ohne Erkennungsmerkmal gekleidet und hat damit die Selbstverantwortung für das eigene Tun verschleiert.Zumindest die Verteidigung war sich nach 30-minütigem Frage-Antwort-Spiel beim Betrachten der Fotos einig: „Eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten würde vieles vereinfachen“.

Es war auch nicht Simon, dem von Amts wegen mehr Glaubwürdigkeit geschenkt wurde, sondern einem Polizisten auf dessen höchst unglaubwürdige Aussage hin ein Verfahren eröffnet wurde. Ebendieser Polizist wurde im Übrigen in einem vorherigen Verfahren gegen einen anderen Falken, den er bezüglich Ereignisse auf derselbsen Demonstration schwer belastete, in zweiter Instanz für unglaubwürdig erklärt. Es folgte der Freispruch des Genossen.

Es ist ein leider weit verbreitetes Problem, dass Polizisten versuchen Einsatzfehler mit Anzeigen und konstruierten Vorwürfen gegen Beteiligte zu verbergen – wir können natürlich nur mutmaßen, was in diesem Fall der Grund gewesen sein könnte.

Der engagierten Verteidigung und ihren Nachfragenist es zu verdanken, dass diesmal nicht einfach die Sicht von USK-Polizeibeamten unkritisch und unreflektiert übernommen wurde.

Raunen und Kopfschütteln gab es im Zuschauerraum vor allem bei den Aussagen des vermeintlich beraubten Polizisten. Dieser erinnerte sich zwar noch an ein angeblich nur wenige Sekunden dauerndes Gerangel und den „Raub“ seines „Reizgassprühgeräts“, aber extrem schlecht an verschiedene Ereignisse davor und danach – auch nicht an die Inhalte der Nachbesprechung des Einsatzes oder andere wichtige Details. 

Was er noch wusste: Dass Demonstranten wie Simon ihm im Weg waren, vor ihm „getänzelt“ hätten und er ihn habe beiseite schieben müssen, was er als ein „Streicheln“ beschrieb. 

Nachdem zwei andere Polizeibeamte den Raub nicht bestätigen konnten und einander in Skizzen zur Situation widersprachen, folgte der Vorschlag des Gerichts auf Einstellung des Verfahrens. 

Als Auflage muss Simon nun 1.000 Euro an Amynabezahlen, einen Verein für den Schutz von Mädchen* und Jungen* vor sexueller Gewalt. 

Dieser Prozessausgang ermutigtuns, weiterhin für gesellschaftlichen Fortschritt zu streiten oder wie Simon zu Prozessbeginn sagte: „nicht einfach zuzusehen, wie hart erkämpfte Rechte einfach über den Haufen geworfen werden“ 

Der Prozess erschreckt uns aber auch, weil er wieder einmal zeigt, dass frei konstruierte Vorwürfe durch einzelne Polizist*innen unmittelbar zu einem Gerichtsprozess mit unter Umständen jahrelanger Gefängnisstrafe führen können. 

Für uns ist klar: Wir lassen uns weder auf der Straße noch vor Gericht kriminalisieren. Gefährlich sind nicht wir Demonstrant*innen, sondern vielmehr die Gesetze, gegen die wir auf die Straße gehen. Mit Simon und seinen Worten: gegen „eine durch und durch rassistische Gesetzgebung“, gegen „Unterwerfung unter eine bayerische bzw. christlich-abendländische Leitkultur“, gegen den „massiven Ausbau polizeilicher Befugnisse“ werden wir „weiterkämpfen für eine freie und demokratische Gesellschaft, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen der Vergangenheit angehört.“

Lasst uns „die versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“ (Karl Marx) – aber bitte ohne, dass wir uns dabei von Polizist*innen „streicheln“ lassen müssen.

Spenden gerne an:

Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Landesverband Bayern DE78750500000008186173

Veröffentlicht unter Presse

Zwietracht säen wo Einigkeit herrscht

Sehr geehrte Frau Sieble,

Mit Erschrecken haben wir Ihren Artikel „Herz statt Hetze: Es bleibt ein fader Beigeschmack“ zur Kenntnis genommen.

Beim Lesen Ihres Artikels drängt sich uns eine Frage besonders auf: Woher kommt bei Ihnen dieses dringende Bedürfnis, sich ausgerechnet von linken Gruppen abzugrenzen, obwohl kurz zuvor tausende gewalttätige Nazis durch Ihre Stadt marschiert sind? Gerade die Menschen von denen Sie sich abzugrenzen suchen, sind überall in Deutschland wichtige Rollenträger*innen im Kampf gegen drohende Faschisierung. Sich auf der einen Seite über die große Anzahl an Menschen, welche sich gegen Nazis engagieren, zu freuen, aber sich auf der anderen Seite von einem entscheidenden Teil dieser Akteur*innen zu distanzieren, halten wir für widersprüchlich. Eine weitere Frage ist, weshalb Sie so traurig über die Ankunft der radikalen Linken in Chemnitz sind und diese als fröhlich-unbedarfte Demotourist*innen beschimpfen. Auch wir Falken betreiben antifaschistische (Bildungs-)Arbeit und sind nach Chemnitz gefahren, um gegen die Faschist*innen auf die Straße zu gehen. Wir sind stolz darauf Antifaschist*innen zu sein und wundern uns nun doch sehr, weshalb eine SPD-Politikerin eher bei unserem Anblick, als bei dem Anblick von Rechtsradikalen traurig wird. Nun ist Trauer erst einmal ein Gefühl und kein Argument. Noch dazu ein Gefühl, das wir im Bezug auf Antifaschismus nicht nachvollziehen können.

Sie beklagen, dass der getötete Mensch in den Hintergrund getreten wäre. Es waren die Rechten, die dieses Verbrechen für ihre Hetze nutzten. Der Grund für das daraufhin stattfindende Konzert war, sich gegen Nazis, die vermeintliche Ausländer*innen jagten und gegen deren Instrumentalisierung eines Verbrechens zu stellen – also mitnichten eine reine Trauerfeier. Den Nazis kein Fußbreit die Stadt zu überlassen, darum ging es und das hat funktioniert. Das hat funktioniert, weil sich tatsächlich die verschiedensten Menschen und Gruppen an diesem Tag über dieses eine Ziel einig waren, nämlich antifaschistisch zu handeln. „Die Antifa“ kann sich dabei aus sozialdemokratischen, gewerkschaftlichen, kommunistischen, anarchistischen und teils sogar kirchlichen Gruppen oder Personen zusammensetzen. Je nach Begebenheit vor Ort gelingt es dann mehr oder weniger erfolgreich breite Bündnisse gegen Faschist*innen aufzustellen. Dem entsprechen dann auch die jeweiligen Aktionsformen. Antifaschismus kann sich demnach in Vielem äußern und hat dem innewohnenden Sinn folgend keine Bedingungen, außer dabei erfolgreich sein zu wollen. Sie, Frau Sieble, spalten mit Ihrem Kommentar und diskreditieren Menschen, deren Ziel es ist, immer und überall antifaschistisch zu handeln. Das ist absurd. Viel mehr sollten wir alle es doch unterstützen, dass sich mehr und mehr Menschen offen und klar gegen Faschismus positionieren, sodass sich niemand überhaupt traut rechte Vernichtungsphantasien zu äußern. Und nicht „die Antifa“ als ein neues Schimpfwort pflegen. Was Sie mit Ihrem Artikel bewirken wollen, ist  eine Spaltung, die wir für gefährlich halten.  Eine Trennung zwischen „guten, gemäßigten Linken“ und „bösen, radikalen Linken“. Und das an jenem Tag, an dem eine linke Bewegung in Deutschland etwas geschafft hat, was Sie wirklich nicht oft von sich behaupten kann: Ein breites wirksames Bündnis gegen Rechts einzugehen, das sich bis ins bürgerlich-konservative Lager ausweitete.

Wir haben das Gefühl, dass mal wieder die Antifa als Sündenbock herhalten soll, um sich, in Abgrenzung zu dieser Bewegung, die „brave, schweigende Mitte“ warmzuhalten. Wir hoffen, dass Ihnen bewusst ist, dass dieses Narrativ vor allem den Faschist*innen in die Hände spielt, die sich so nämlich dazu stilisieren können, in der geschaffenen Abgrenzung zur Antifa, die „normalen Bürger“ zu sein. Um eine gemäßigte Mitte als Wähler*innen zu gewinnen, hilft es nicht einer von rechts getragenen Extremismustheorie aufzusitzen. Viel hilfreicher dabei wäre es, klar und deutlich zu seiner Meinung zu stehen und nicht diejenigen zu diffamieren, die diese Meinung teilen. Auch wenn Ihrer Traurigkeit gegebenenfalls eine Angst vor linken Gewalttaten zu Grunde liegt, vergessen Sie bitte nicht den entscheidenden Unterschied: Das Programm Linker ist es, ein gutes Leben für alle Menschen zu ermöglichen. Rechte hingegen möchten diejenigen, die von ihren engen Normen abweichen, wegsperren und töten. Zum Abschluss ein Zitat aus einem Artikel von Margarete Stokowski, der auf „Spiegel Online“ zu lesen ist: „Die Antifa leistet in Deutschland einen ganzen Haufen Bildungs-, Informations- und Mobilisierungsarbeit, die dazu beiträgt, dass es in diesem Land nicht noch düsterer wird, und wer all das ausblendet, hat entweder schäbig recherchiert oder will es nicht besser wissen.“

Dieses Statement ist unsere Antwort auf den Artikel: „Herz statt Hetze: Es bleibt ein fader Beigeschmack“ der am 3.9.18. im „vorwärts“ online veröffentlicht wurde. Leider wurde dieser Debattenbeitrag dort nicht veröffentlicht, sodass wir ihn auf diesen Weg zu Verfügung stellen möchten.