Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
Am 9. Oktober sind die türkischen Streitkräfte in die nordöstlichen Provinzen von Syrien mit massiven Angriffen einmarschiert. Wie jeder Krieg hat auch dieser Folgen. So sind bereits 700 Todesopfer zu beklagen und fast 200.000 Menschen sind in die Flucht getrieben worden. Weiter geht die türkische Regierung hart gegen Kritikerinnen und Kritiker der Militäroffensive in der Türkei vor und lässt sie verhaften. Zugleich wird der totgeglaubte sogenannte „Islamische Staat (IS)“ wieder massiv gestärkt. Gefangene Kämpfer des IS wurden durch türkische Luftschläge befreit, sie flohen massenweise in die Türkei. In der türkischen Armee kämpfen ehemalige Kommandanten des IS. Es ist davon auszugehen, dass die türkische Armee bei ihren Luftschlägen weißes Phosphor einsetzt, welches schwerste Verbrennungen verursacht[1].
Wir – die politische Jugend Nürnbergs – wissen sehr wohl, dass die große Weltpolitik nicht im Nürnberger Stadtrat entschieden wird. Wir wissen aber auch, dass viele kleine Zeichen und Forderungen große Wirkung haben können. In Zürich hat deshalb der Gemeinderat eine Resolution verabschiedet[2], in der dieser die türkische Invasion verurteilt und das Aussetzen des Freihandelsabkommens mit der Türkei ebenso fordert, wie einen Waffenexportstopp (obwohl sich der schweizerische Waffenexport im Vergleich zum deutschen in Grenzen hält). In der Resolution wird auf die Bedrohung für Demokratie und Freiheit und die Einschränkung derselbigen durch die türkische Innen- und Außenpolitik hingewiesen. Die Stadt Zürich bezeichnet sich dabei selbst als solidarische Stadt.
Auch Nürnberg ist eine solidarische Stadt – sie hat sich den Menschenrechten verschrieben. Eben diese werden in diesem Moment in Nordsyrien und Nordkurdistan mit Füßen getreten: Die Bilder des vor Schmerz schreienden, kurdischen Jungen gingen um die Welt. Er leidet unter den Verbrennungen durch weißes Phosphor und fleht seinen Vater an, den Schmerz zu lindern. Auch die Bilder von Hinrichtungen und Schändungen kurdischer Politiker und Politikerinnen oder Kämpfer und Kämpferinnen durch türkeinahe, islamistische Milizen sind bekannt. Ebenso geht sie mit Gewalt und Einschüchterung gegen jene im Inland vor, die sich gegen den Krieg stellen. Die türkische Regierung begeht Kriegsverbrechen[3].
Nürnberg soll nicht nur die Stadt der Menschenrechte, sondern die Stadt der Verteidigung der Menschenrechte sein. Sie muss sich entschieden gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der türkischen Regierung und die damit einhergehenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit stellen. Sie muss der Welt als kommende Kulturhauptstadt zeigen, dass es ihr Ernst ist mit einer Kultur der Demokratie, der Freiheit und des Menschenrechts. Auch sollte die Stadt Nürnberg ein deutliches Zeichen gegen die islamistischen Kräfte setzen, die nicht nur im Nahen Osten, sondern auch hier ein freies, friedliches und demokratisches Leben bedrohen. Wenn die kurdischen Kräfte – die den IS besiegt haben – geschwächt werden, so stärkt das die Islamisten im Nahen Osten. Dies gilt es zu verhindern, um ein freies, demokratisches, sicheres Leben weltweit zu verteidigen. Außerdem sollte Nürnberg den in ihrer Stadt lebenden Kurden und Kurdinnen zeigen: Wir stehen als Kulturhauptstadt der Menschenrechte zu euch, ebenso wie zu euren Familien in Nordsyrien. Denn die Menschenrechte gelten weltweit und sind universell.
Wir fordern Sie deshalb dazu auf, dem Züricher Beispiel zu folgen und eine Resolution zu verabschieden, in der die Besorgnis über die türkische Invasion in die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyriens und über das daraus resultierende Leid durch Krieg, Vertreibung und Flucht ausgedrückt wird. Fordern Sie die Bundesregierung auf, ein konsequentes und sofort wirksames Waffenexportverbot durchzusetzen. Dies muss selbstverständlich die Annullierung bereits geschlossener Verträge beinhalten, ebenso wie die Einhaltung eines konsequenten Waffenexportverbots in der Zukunft – es darf keine Ausnahmen, etwa für den Bereich der Marine, geben. Fordern Sie außerdem Sanktionen gegen die Türkei. Das menschenrechtswidrige Vorgehen der türkischen Regierung darf nicht unbeantwortet bleiben. Eine Stadt der Verteidigung der Menschenrechte, wie wir sie uns wünschen, hat Vorbildcharakter für andere Städte und Kommunen. Sie positioniert sich – trotz begrenzter kommunalpolitischer Handlungsmöglichkeiten – weltpolitisch, sobald es um die Verteidigung der Würde und des Lebens von Menschen geht. Gerade auch angesichts ihres historischen Hintergrunds ist Nürnberg dazu verpflichtet.
Mit besten Grüßen und der Bitte um Rückmeldung.
SJD – Die Falken in Nürnberg
Jusos Nürnberg
Evangelische Jugend Nürnberg
Grüne Jugend Nürnberg
Linksjugend `solid Nürnberg-Fürth
Jugendorganisation Bund Naturschutz Nürnberg
Die Linke.SDS Nürnberg
DIDF-Jugend Nürnberg
[1] https://www.derstandard.de/story/2000110062489/chemiewaffenvorwuerfe-gegen-tuerkische-armee
[2] https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-will-freihandel-mit-tuerkei-sistieren-ld.1518904
[3] https://www.tagesschau.de/ausland/amnesty-tuerkei-kriegsverbrechen-101.html