Brief an Markus Söder von einer F-Kindergruppe

Unsere Kindergruppen müssen sich seit einiger Zeit online treffen. Das ist gut, weil man sich so nicht mit Corona anstecken kann. Richtig treffen darf man sich nur noch, wenn man arbeiten geht und wenn jemand dran verdient. Komisch – da steckt man sich doch oft noch leichter an. Bei dem Schöne-Dinge-Lockdown passt einfach alles nicht so zusammen. Wir wollen eine Welt, in der die Gesundheit der Menschen wichtiger ist, als dass wenige viel Geld verdienen auf dem Rücken anderer.

Wasser, Watt und Widerstand. We want you! Als Helfer*in im Kinder- und Jugendzeltlager in Föhr 2021

KINDER UND JUGENDLICHE AN DIE MACHT!

Wie jedes Jahr veranstalten wir Falken auch 2021 unser sozialistisches Kinder- und Jugendzeltlager. 2021 fahren wir vom 7. bis 22. August an die Nordsee – und zwar auf einen wunderschönen Falken-Zeltplatz auf der Insel Föhr. Unser Zeltlager-Motto wird voraussichtlich sein: WASSER, WATT und WIDERSTAND!

Falkenzeltlager ist keine unpolitische Ferien-Dienstleistung. Falkenzeltlager ist Teil unserer Praxis, die aus unserer sozialistischen Kritik an Staat, Kapital, Patriarchat und Nation erwächst. Wir wollen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihre Probleme in dieser Gesellschaft auszudrücken und ihnen helfen, Ohnmacht oder Wut in Kritik zu verwandeln. Deshalb gibt es bei uns keine Erzieher*innen, sondern Helfer*innen. Helfer*innen nehmen Kinder radikal ernst. Damit Kritik auch praktisch zu Veränderung wird, braucht es die Gruppe. Lernprozesse finden kollektiv statt. Auf unseren Zeltlagern soll Solidarität praktisch erlebt und so gelernt werden.

Wasser, Watt und Widerstand!

Eine Krise jagt die nächste. Krieg und Flucht, rassistische „Sicherheitsbehörden“, ökonomische Rezession, Mieten und Wohnen, Klima, Corona – wenn man aber genauer hinsieht, haben all die Krisen gemeinsame Ursachen: das auf Profit ausgerichtete und auf Privateigentum basierende Wirtschaftssystem und die globale Herrschaft der Männer. Beide sorgen für die Vertreibung von Menschen aus ihren Herkunftsländern, beide machen diesen Planeten zu einem unbewohnbaren Kochtopf, beide sorgen für die Verarmung und Verelendung der Massen und beide ziehen in einer Pandemie den Schutz der Wirtschaft dem Schutz der Menschen vor.

Doch es regt sich auch überall Widerstand gegen diese Zumutungen: Black Life Matters, Fridays for Future und Ende Gelände, Sea-Watch, feministische Bewegung, Deutsche Wohnen Enteignen und Hausbesetzungen, Lohn- und Arbeitskämpfe, Streiks und Proteste, Antifa und und und …

Auf unserem Zeltlager wollen wir uns mit diesen Bewegungen befassen. Denn wir sind Teil dieser Bewegungen gegen Patriarchat und Kapitalismus, für eine sozialistische Rätedemokratie. Am Zeltlager bestimmen nicht einige Wenige und auch nicht einfach die Erwachsenen, sondern die Räte, in denen sich Alle, die dabei sind, organisieren. Das kann für die Helfer*innen durchaus auch heißen, dass die Kinder im Lagerrat durchsetzen, dass die Bettgehzeiten um zwei Stunden erhöht werden. Oder aber, dass mehr Nutella auf den Essenstisch muss. Oder was eben so verändert werden muss.

Und jetzt kommst du!

Wir sind immer auf der Suche nach neuen Helfer*innen! Hast du Lust bekommen, mit uns mitzufahren? Willst du mal reinschnuppern? Willst du mehr über sozialistische Erziehung erfahren? Willst du noch weitere Infos? Oder kennst du jemanden, der oder die dringend Helfer*in werden sollte?

Dann melde dich unter buero@falken-nuernberg.de oder ruf in unserem Büro an unter 0911-443709.

Was wir dir bieten:

– Zwei supergeile Wochen auf Föhr

– Eine mehrteilige Helfer*innenschulung, in der wir dich mit den Grundlagen sozialistischer Erziehung und der Falkenpädagogik vertraut machen und diese auch konkret üben und dich so auch auf unser Zeltlager vorbereiten

– Erfahrungen in der theoretischen und praktischen politischen Auseinandersetzung mit Kinder und Jugendlichen: das hilft ungemein, Szenejargon oder universitäres Gequatsche zu verlernen und dafür zu lernen, wie man junge und ältere Menschen mit linker Kritik erreicht.

– Die Möglichkeit, das einzubringen, was du gut kannst: du kannst gut jonglieren? Du hast einen spannenden Workshop vorbereitet? Du willst unbedingt mal ein bestimmtes Thema diskutieren? Du kannst dich bei uns einbringen.

– Bei Bedarf für Arbeit, Studium oder sonstiges: eine Praktikumsbescheinigung

– Bei Bedarf: einen Rettungsschwimmer*innenkurs

– Bei Bedarf: die Ausbildung zum*zur Jugendleiter*in – du erhältst die JuLeiCa

– Bei Bedarf: Unterstützung bei Gesprächen mit Arbeitgebern – in Bayern gibt es leider keinen rechtlichen Anspruch auf Bildungsurlaub (Bildungsfreistellung) oder Jugendleitersonderurlaub, wir helfen aber dabei, dem Chef diesen trotzdem aus den Rippen zu leiern.

Wir freuen uns auf dich!

Anmeldungen bitte per Mail an: buero@falken-nuernberg.de
Tel.: 0911-443709

Ausführlichere Infos findest du auf unserer homepage www.falken-nuernberg.de oder auf unserer Facebook-Seite Falken Nürnberg oder instagram falkennuernberg.

Kommt mit…

Liebe Freundinnen und Freunde,
Du hast Lust raus zu kommen und etwas über die Geschichte der Fränkischen Schweiz zu erfahren? Du bist Falk*in oder interessierst dich für uns? Dann komm am Samstag, den 10.10.2020 nach Pegnitz um mit uns ca. 15 km nach Pottenstein zu wandern. Dort wird uns erzählt, was KZ-Häftlinge mit den Toristenattraktionen Teufelshöhle und Schöngrundsee zu tun haben. Den Abend wollen wir gemeinsam mit Essen und Lagerfeuer ausklingen lassen. Dein Alter ist egal, solange du dir zutraust die Strecke zu wandern.

Wir fahren gemeinsam in Nürnberg los.

Anmeldung bis Donnerstag, 08.10.2020 an buero@falken-nuernberg.de

Jamnitzer für alle – keine Stadt die Reichen!

Wir waren heute am Jamnitzer. Es gab Kinderprogramm und alle konnten ihre Wünsche für den Jamnitzer aufschreiben. Und wir haben eine Rede gehalten. Lest sie doch mal durch:

Liebe Kinder, liebe Jugendlichen, liebe Erwachsenen, liebe Gostenhoferinnen, liebe Freundinnen,

Wir sind Anna, Arthur, Dieter und Dori vom Ortsverein Gostenhof der Falken aus Nürnberg. Wir haben unseren Stadtteilladen – das Amikaro – in der Adam-Klein-Strasse. Dort treffen sich immer unsere Kinder- und Jugendgruppen und wir sind damit in direkter Nachbarschaft zum Jamnitzerplatz, den wir oft – gerade in Zeiten von Corona – nutzen. Wir kennen unseren Jamnitzer also recht gut.

Er ist ein Ort zum Fahrrad fahren lernen, zum Fussball, Basketball, Tischtennis spielen und zum Inliner fahren. Er ist ein Ort zum Daten und Knutschen. Ein Ort zum Freundinnen treffen und Bier trinken und kiffen, ein Ort zum Trubel genießen und beobachten. Ein Ort zum Sand buddeln, zum Pflanzen und Tiere beobachten und zum picknicken. Ein Ort, um einen Plausch mit uralten Nachbarinnen zu halten. Ein Ort, um sich nicht alleine zu fühlen. Ein Ort, um zu schaukeln, zu klettern und fangen spielen. Ein Ort, um Zeit zu vertrödeln und die Hausaufgaben zu vergessen. Ein Ort, um sich nach der Arbeit besaufen. Zum Musikhören……ein Ort, der den nicht vorhandenen eigenen Balkon oder Garten ersetzen muss.

Puhhh. Das sind ziemlich viele Anforderungen, die an diesen Platz gestellt werden und es ist eine grosse Herausforderung, diese unter einen Hut zu kriegen. Wenn Scherben rumliegen, lässt es sich schlecht Fahrrad fahren lernen, wenn Betrunkene aggressiv werden, kann das Angst machen.

Neben diesen ganzen legitimen und verständlichen Ansprüchen an den Platz gibt es aber noch ganz andere Ansprüche, die an ihn gestellt werden.

Er soll für manche, nämlich die, die ihn garnicht als Balkon oder Garten nutzen müssen, weil sie ja selber einen haben, für manche von denen soll der Platz auch Wochenends ab 22 Uhr muksmäuschenstill sein. Für die soll der Platz auch sauber sein – aber nicht einfach nur ohne Scherben oder Dreck, sondern frei von Menschen, die ihnen als unschicklich, verwahrlost, unangepasst oder unangenehm, als zu laut oder zu viele erscheinen. Sie wünschen sich ein bürgerliches Idyll vor der eigenen Haustür, in dem keine Armut und kein Elend sichtbar sind und in dem nur derjenige Ausdruck von Lebensfreude zu sehen sein soll, den sie selbst praktizieren: Kindergekreische, Vodka O-trinkende Jugendliche, die HipHop oder Techno aus ihren Boomboxen hören und Graffiti zählen für sie nicht. Erst ziehen sie die Zäune um ihre eigenes Grundstück, nun wollen sie die öffentlichen Plätze einhegen.

Für uns hingegen zählen die gerade genannten Anforderungen, die diese Leute an den Platz und das Viertel stellen, nicht als legitime Bedürfnisse. Sollen sie ihr Bürgeridyll halt in ihrem Garten ausleben oder aufs Land ziehen – sie können sichs doch locker leisten.

Wir stellen fest, dass den mit unserem Stadtteil und seinen Leuten nicht zu vereinbarenden Bedürfnissen dieser Fraktion von der Stadt und der Presse besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es vergeht kaum ein Monat ohne einen reisserischen Artikel über den Jamnitzer und wie schlimm doch die Verhältnisse dort seien. Scheinbar gibt es ein Mitsprachrecht vor allem für Hauseigentümerinnen und besorgte Anwohnerinnen. Warum fragt eigentlich niemand das Mödchen, das am Jamnitzer Fahrrad fahren lernt, wie ihr der Platz gefällt. Oder den Jugendlichen, der dort mit seinen Leuten abhängt.

Die Polizei reagiert einerseits auf die Greuelmärchen vom verwahrlosten Jamnitzerplatz und produziert gleichzeitig genau solche Bilder. Die permanente Kontrolle, die häufige polizeiliche Präsenz, das Überreagieren und das martialische Auftreten von USK zum Beispiel letzten Sommer wirken nach außen, als herrsche Soddom und Ghomorra am Jamnitzer. Und genau diese falsche Darstellung soll wiederum das harte und permanente Vorgehen der Polizei rechtfertigen. Da beisst sich doch die Katz in Schwanz.

Dabei kann man hier regelmäßig beobachten, wen die Polizei eigentlich kontrolliert: people of colour, Jugendliche und Trinkerinnen. Die Polizei agiert nach rassistischen, jugendfeindlichen und armen- und arbeiterinnenfeindlichen Kriterien. Ein Sicherheitsgefühl verschafft sie nur den reichen Weißen. Alle anderen haben eher Angst oder sind genervt von ihr. Hierbei arbeitet die Polizei eng mit der Stadtverwaltung zusammen. Zusammen wird unter dem Deckmantel von Sicherheit und Ordnung die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums vorangetrieben, zum Beispiel durch das städtische Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. Es ist völlig in Ordnung, sich im Weinlokal für 6 Euro das Gläschen hart zu betrinken und besoffen über den Jamnitzer ins Eigenheim zu strahlen, aber es ist verboten, sich mit billigem Fusel aus der Norma oder Bier vom Willi am Jamnitzer zu betrinken. Wer sich den Rausch leisten kann, darf ihn legal haben. Das ist reine Klassenpolitik.

So sieht der Umgang der Stadt und der Polizei mit den Anforderungen, die an diesen Platz gestellt werden, aus.

Wie könnte die vernünftige Harmonisierung der vielfältigen und teils widersprüchlichen Bedürfnisse am Jamnitzerplatz stattdessen aussehen?

Wir fordern die Abschaffung des generellen Alkoholverbots auf öffentlichen Plätzen – am Jamnitzer soll man sich berauschen dürfen.

Für die verschiedenen Bedürfnisse muss es aber eine Bereichseinteilung geben. Der Spielplatz soll kein Ort zum Trinken und Rauchen sein. Scherben und Kippen im Sandkasten sind bescheuert für Kinder.

Niemand hat Lust mit platten Reifen rumzufahren – deswegen sollten die, die beim Feiern Scherben produzieren diese auch wieder wegräumen.

Die Polizei soll ihre Provokationen einstellen und die Menschen am Jamnitzer in Frieden lassen. Selbst unter den beschissenen vorherrschenden kapitalistischen und staatlichen Verhältnissen gibt es Städte, die auf bessere Konzepte als auf Einschüchterung und Überwachung setzen. Zum Beispiel könnten Konsumräume geschaffen, Beratungsangebote und Streetwork ausgebaut werden.

Aber natürlich können auch unsere Lösungsansätze unter den gegebenen kapitalistischen Verhältnissen nicht alle Widersprüche auflösen. In einer Klassengesellschaft, in der notwendigerweise Armut und Elend produziert werden, weil sich der Reichtum bei denen Oben anhöuft, in einer solchen Gesellschaft wird es auch keine harmonischen, problemfreien Plätze geben. Deshalb kämpfen wir für eine sozialistische Gesellschaft, in der Menschen selbstbestimmt ihren Lebensraum gestalten können – ganz egal wie alt sie sind und wie sie aussehen.

Die Plätze denen, die sie nutzen!

Danke.

Veröffentlicht unter Kinder

Werde Zeltlagerpat*in!

Liebe Genoss*in, liebe*r Freund*in,

Wie jedes Jahr fahren wir Nürnberger Falken auf Sommerzeltlager und gründen eine sozialistische Kinder- und Jugendrepublik. Dieses Jahr gehts an den Attersee in Österreich.

Wir möchten es Allen ermöglichen an unserem Zeltlager am Attersee unter dem Motto „Komm mit ins Edelweißpirat*innen-Lager!“ teilzunehmen, egal welchen sozialen Hintergrund sie haben. Wenn wir unsere Kalkulation rein auf staatliche Zuschüsse und Teilnehmendenbeiträge aufbauen, sind die Gebühren für viele Eltern, Jugendliche und auch Helfende nicht aufbringbar. Darum sind wir auf Spenden angewiesen, die dieses Loch füllen.

Wir freuen uns, wenn du die Nürnberger Falken und insbesondere unsere Teilnehmer*innen unterstützen kannst, indem du selbst Zeltlagerpat*in wirst, andere Pat*innen wirbst oder unser Anliegen an deine Kontakte verbreitest.

Wir freuen uns über alle Beträge. Ob mehr oder weniger – jede Spende ist uns wichtig. Wenn du mit einem Betrag unser Zeltlager unterstützt erhältst du natürlich auch eine Spendenquittung.

Weitere Informationen findest auf www.falken-nuernberg.de

Lieben Dank und Freundschaft!

Deine Falken Nürnberg

Betreff: Spende Zeltlager 2020
Kontodaten: SJD-Die Falken Nürnberg
Sparkasse Nürnberg
IBAN: DE10 7605 0101 0001 0565 72
BIC: SSKNDE77XXX

 

Kommt zum Veit-Stoß-Platz. Gegen Polizeigewalt und Rassismus.

#Nicht auf unserem Rücken – Coronakrise aus Kindersicht

Die aktuellen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie werden auf dem Rücken vieler (https://www.falken-nuernberg.de/?p=3046) ausgetragen. Auch auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen. In den viel berichteten „Öffnungsdiskussionsorgien“ sind Vertreter und (weniger) Vertreterinnen verschiedenster Bereiche dabei. Die Rechte und Meinungen von Kindern sind dabei nur äußerst selten Thema. Auch die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin warnte, dass „Kinder und Jugendliche in den bisherigen Entscheidungsprozessen nicht als Personen mit ebenbürtigen Rechten gesehen [wurden], sondern als potentielle Virusträger.“ Kinder werden als Virenschleudern und Superspreader bezeichnet (z.B. https://web.de/magazine/news/coronavirus/virenschleuder-superspreader-rolle-kinder-coronavirus- pandemie-34652354) sollen inzwischen manchmal wie Hunde vorm Supermarkt warten (https://www.focus.de/familie/eltern/coronavirus-kurzer-schock-im-supermarkt-ihre-kinder- muessen-beim-einkaufen-bitte-draussen-bleiben_id_11822291.html) und werden in den aktuellen Beschlüssen zu (sicherlich notwendigen!) Einschränkungen nur insofern mitgedacht, wie sie Hindernis für die Arbeitskraft der Eltern sind. Alle sozialen Räume in denen Kindern lernen, sich entwickeln, Bindungen eingehen, sich entspannen und spielerisch mit Erlebtem und dazugehörigen Emotionen umgehen können sind ihnen momentan nicht zugänglich. Bezugspersonen und Strukturen brechen weg, die Kindern sonst vielleicht helfen mit unsicheren und beängstigenden Situationen, wie wir gerade eine haben, fertig zu werden. Auch die für psychische und physische Gesundheit notwendige Bewegung, die viele Kinder sowieso zu wenig haben, fällt durch Schließung von Spielplätzen und die strikten Ausgangsbeschränkungen vielfach weg. Kinder können nicht ohne weiteres alleine Joggen gehen, sich alleine mit einer weiteren Person treffen, haben keine*n (Ehe-)Partner*In zum Treffen. Die Ausnahmen der Beschränkungen sind für Erwachsene formuliert.

Auf all diesen Ebenen verschärfen sich soziale Ungerechtigkeiten. Eltern mit weniger Geld haben natürlich mehr Angst vor Bußgeldern und sind nochmal angespannter in der aktuellen Situation. Die Angst vorm Verlust des Arbeitsplatzes, die häufig beengten Wohnräume und weniger Möglichkeiten für Förderung und Beschäftigung der Kinder kommen dazu und bieten in Familien ganz schön viel Zündstoff für Eskalation. Kindern in solchen Situationen fehlen gleichaltrige und auch erwachsene Bezugspersonen wie Lehrer*Innen, Horterzieher*Innen oder Gruppenhelfer*Innen besonders. Ohne eigenes Zimmer, ohne Computer und ohne Eltern, die unterstützen können lernt es sich zu Hause auch viel schwieriger und Bildungsunterschiede vergrößern sich und werden zementiert.

In der aktuellen Krise geraten Kinder – gemeinsam mit vielen anderen Gruppen – besonders aus dem Blick. Wir haben daher – auch als ein Weg, um mit der aktuellen schwierigen Situation umzugehen – eine Telefonumfrage gestartet und Kinder in unserem Bekanntenkreis gefragt, wie es ihnen eigentlich so geht und was sie von der aktuellen Situation halten. Herausgekommen ist ein Brief:

Lieber Herr Söder,

Sie reden immer davon, dass wir uns Zeit lassen müssen, dass wir die Zeit auch haben und die Beschränkungen verlängern können. Aber wir Kinder werden gar nicht gefragt, wie es uns damit geht. Wir wissen, dass wir vorsichtig sein müssen und überlegen müssen, wie das Corona-Virus sich weniger verbreitet, aber zur Zeit geht es vielen Kindern gar nicht gut. Damit auch die Kinder selbst mal was dazu sagen können, haben wir eine Telefonumfrage unter Freundinnen, Freunden und Bekannten gestartet. Alle Kinder fanden an der Situation gerade gar nichts gut! Vor allem macht es alle traurig, dass sie niemanden außer der Familie sehen können. Keine Freundinnen und Freunde, keine Lehrer*Innen und auch keine Horterzieher*Innen. Den ganzen Tag niemanden außer der Familie zu sehen nervt und es gibt viel Streit. Manche habe noch Glück und können zumindest raus in den Garten, aber manche haben auch nur eine kleine Wohnung ohne Balkon. Eine Freundin wohnt zu fünft in einer 3-Zimmer-Wohnung mit kleinen Zimmern. Sie hat kein eigenes Zimmer, wo sie die Tür zumachen kann, wenn jemand sie nervt. Deswegen haben sie einmal draußen ein Picknick gemacht, aber dann wurden sie von der Polizei nach Hause geschickt, weil das verboten war. Das verstehen wir nicht – sie haben doch Abstand zu anderen gehalten! Jetzt darf man zwar wieder zu zweit raus, aber meine Freundin traut sich nicht mehr wirklich und hat Angst, Ärger zu kriegen und Bußgeld zahlen zu müssen. Wenn ich mit ihr telefoniere redet sie auch noch weniger als sonst schon. Eine andere Freundin darf gar nicht mehr raus, weil sie auf ihre kleine Schwester aufpassen muss, weil ihre Eltern arbeiten müssen. In der Notbetreuung im Hort, wo ich jetzt hingehe, wurden wir bei einem Ausflug auch schon von der Polizei kontrolliert, aber unser Horterzieher hatte einen Zettel, dass wir das dürfen.

Viele vermissen auch ihre Lehrerinnen und Lehrer. Es ist zwar gut, nicht so früh aufstehen zu müssen, wie wenn Schule ist, aber zu Hause ist es viel schwerer, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren. Und ich und auch andere Kinder vermissen den Pausenhof. Für Erwachsene ist es vielleicht gut, nur daheim zu sitzen und zu lesen oder zu stricken, aber wir finden das langweilig und kriegen davon schlechte Laune. Und sich mit einer anderen Person zu zweit zu treffen ist für Kinder auf meistens nicht möglich. Und sich per Skype mit anderen zu unterhalten ist nicht richtig sich sehen.
Viele Erwachsene, z.B. die Horterzieher*Innen, schicken schon Bastelpakete, damit es uns besser geht und ich versuche auch, Fotos und Nachrichten an Freund*Innen zu schicken, die noch weniger raus können als ich. Aber trotzdem geht es allen Kindern, mit denen wir telefoniert haben, nicht gut. Bitte sprechen Sie doch in Zukunft auch mit uns und sehen Sie die Welt nicht immer nur aus der Erwachsenen-Sicht.